Die Leipziger Harmonie lebt, wieder. Sie muss weiter wachsen: behutsam, umsichtig; selbstbewußt und kraftvoll werden wir diese Idee eines bürgerschaftlichen Engagements unseren Kindern und Enkeln übergeben. Macht so etwas eigentlich noch Sinn? Im Zeitalter der Globalisierung, der „Zweiten Moderne“, der Individualisierung?

Darauf gibt es im Grunde unvermeidbar positive Antworten. Die neue Weltgesellschaft, auf die wir zugehen, ist kein anonymes Faszinosum oder eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Leitartikler esoterischer Weltuntergangsphilosophien. Sie entsteht vor unseren Augen und mit uns in unseren Familien, in einem Netzwerk aufstrebender Regionen und in unserer Stadt. Globalisierung vollzieht hier und jetzt; es sind konkrete Menschen, mit einer bestimmten Geschichte und einer unverwechselbaren, aber global kommunizierenden Identität.

Daher hat die Leipziger Harmonie als identitätsstiftende Gesellschaft eine wichtige Aufgabe: Sie trägt einerseits etwas weiter vom unverwechselbaren langen Leben unserer Stadt durch die Jahrhunderte, Tradition und Erneuerung im gesellschaftlichen Sinn; andererseits jedoch knüpft sie an die Verbindung von Wirtschaft und Kultur, die Leipzig in seiner Vergangenheit groß gemacht haben, neue, starke Fäden, die für die Zukunft unserer Stadt wettbewerbsentscheidend sein werden.

Durch folgenschwere historische Entscheidungen 1485 und 1813 ist Sachsen zu einem kleinen Land geworden. Immer weniger werden die vorhandenen Ländergrenzen durch die Wirtschaft akzeptiert. Unsere langfristige wirtschaftliche Zukunft liegt in Mitteldeutschland. Auch hier liegt eine neue Herausforderung und Aufgabe für die Harmonie, der sie sich bereits jetzt in ihrem Programm stellt.

Das Geschenk der Einheit unseres Vaterlandes hat auch den Lebensnerv der 225 Jahre alten, jungen Leipziger Harmonie neu belebt. Das ist ein Grund zu großer Dankbarkeit den Vätern und Müttern der Leipziger Harmonie gegenüber, zugleich ein Bekenntnis zu einem unbeugsamen Gestaltungswillen für die vor uns liegenden Aufgaben.

225 Jahre Gesellschaft Harmonie: an unserem Platz soll keiner besser gestanden haben.

Autoren der Geschichte der Harmonie – Brigitte und Walter Christian Steinbach (2001)